Körperliche Anstrengungen

Vor einigen Tagen fand ich einen Artikel in einer Zeitschrift, in dem eine dicke Frau darüber berichtete, wie es für sie ist, dick zu sein. Während ich diesen Artikel las fühlte ich mich zum ersten Mal seit Ewigkeiten wirklich verstanden. Sie schrieb darüber, dass keine dünne Person jemals nachvollziehen könne, wie es sich wirklich anfühlt, all die Kilos mit sich rumschleppen zu müssen.

Ich sage hier beabsichtigt „rumschleppen“, denn jeden Tag, bei jedem Schritt 60kg mehr, als eine durchschnittliche Frau stemmen zu müssen, ist anstrengend und lästig. Nur um das nochmal zu verdeutlichen: Das wäre so, als würde eine normale Frau in meinem Alter Tag und Nacht mit einem 60kg schweren Rucksack herumlaufen. Das ist ca. das Gewicht eines ausgewachsenen Neufundländers.

Jetzt schnappt euch doch mal schnell das Gewicht eines solchen Hundes und versucht damit zügig Treppen zu laufen, Sport zu machen, arbeiten zu gehen oder den Haushalt zu machen. Da bin ich mir sicher, dass der ein oder andere von euch auch etwas mehr Luft bräuchte, als sonst.

Ich arbeite in einem Kindergarten und wenn ich abends von der Arbeit nach Hause komme, bin ich oft erschöpfter als meine Kollegen und ich brauche dann eine Pause. Mit kleinen Kindern Fange zu spielen und im Garten rumzurennen kostet mich nämlich sehr viel Energie. Ich bin abends auch immer sehr müde und brauche mindestens 9 Stunden Schlaf jede Nacht, um mich wirklich fit zu fühlen und trotzdem gibt es Situationen am Tag, nach denen ich mich am liebsten hinlegen und einschlafen würde. Ich versuche oft, mir das nicht anmerken zu lassen, aber selbst die alltäglichsten Dinge fallen mir manchmal schwer und das macht mich dann traurig und wütend.

Mich stört es sehr, wenn mir Leute beim Spazierengehen sagen: „jetzt komm schon, der Weg ist doch wirklich nicht so anstrengend“ oder „das schaffst du doch sicher auch ein bisschen schneller“. Ich fühle mich dann oft unverstanden und zweifle wieder an mir selbst. Ich bin eben dick und habe mehr zu tragen als die meisten Menschen in meinem Umfeld und da helfen mir solche Kommentare wirklich gar nicht.

Wer das am eigenen Körper noch nie erlebt hat wird das auch nur schwer nachvollziehen können und sollte solche Sätze einfach unterlassen.

So sehr ich also „okay with it“ bin, ist das eines der Dinge, die ich durchaus negativ an meinem Übergewicht finde.

Auf der anderen Seite bin ich aber auch sehr stolz auf mich, weil ich doch bestimmte Aktivitäten sehr gut hinbekomme, die andere Leute mit meinem Gewicht vielleicht gar nicht mehr können. Wenn ich dann eine halbe Stunde im Fitnessstudio auf dem Laufband war und total motiviert nach Hause gehe, dann denke ich „hey das hast du gut gemacht“.

Wer gerne noch eine detailliertere Version dieser Beschreibung lesen möchte, dem kann ich den Artikel „Allein unter Dünnen“ von Heide Fuhljahn sehr ans Herz legen. Er ist toll geschrieben und beschreibt ihre und auch meine Situation perfekt.

 

 

 

Photo credit: Photo by howling red on Unsplash

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